Dienstag, 13. September 2016

Lucys tiefer Fall

Als Lucy auf den Ästen eines zwölf Meter hohen Baumes balanciert, verliert sie plötzlich den Halt. Sie stürzt in die Tiefe, versucht noch, sich abzufangen. Doch die zierliche Frau kann keinen Ast mehr greifen. Und so knallt sie mit fast 60 Stundenkilometern mit den Füßen voran auf den Boden. Sie stützt sich mit den Armen ab, zuerst mit dem linken und dann mit dem rechten. Die Wucht des Aufpralls lässt beide Oberarmknochenenden splittern, vor allem der rechte ist übel zugerichtet.

Anhand von hochauflösenden Computertomografien ihres Skeletts rekonstruierten Anthropologen um John Kappelman von der Universität Texas nun das Schicksal von Lucy, einem der berühmtesten Fossilien der Menschheitsgeschichte. Die Details aus der Veröffentlichung im Fachmagazin Nature ergeben ein ziemlich grausames Bild der letzten Momente dieser Vormenschenfrau, die vor rund 3,18 Millionen Jahren in der Afar-Senke im heutigen Äthiopien starb. Ihre Überreste hatte bereits im Jahr 1974 eine Forschergruppe um den Anthropologen Donald Johanson entdeckt. Lucy wurde schnell weltberühmt, konnte sie wohl aufrecht gehen und gehörte zu einer neuen, nach ihrem Fundort Australopithecus afarensis benannten Vormenschenart. Viele Geschichten ranken sich um sie, etwa die wohl erfundene, aber doch schöne, dass im Forschercamp das Beatles-Lied "Lucy in the Sky with Diamonds" lief, als die Ausgräber die ersten Knochen fanden. ...

Lange hatten Forscher geglaubt, dass die Schäden an den Knochen nach Lucys Tod auftraten. Erst die genaue Analyse löste das Rätsel um die Todesursache. Alle Knochenverletzungen lassen sich mit einem Sturz aus großer Höhe erklären: Frakturen in der linken Schulter, im rechten Sprunggelenk, im Becken, im rechten Knie, im Kiefer und am Schädel. Auch die erst Rippe ist gebrochen, ein "Kennzeichen eines heftigen Traumas", so Kappelman. Aufgrund ihrer Verletzungen, die auch innere Organe stark schädigten, starb Lucy wohl schnell.

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 31.8.2016

Sonntag, 19. Juni 2016

Der Kuss

Charly wohnt in einem dreistöckigen Haus in ruhiger Lage. Der Wohnungseingang führt in einen langen Gang mit mehreren Zimmern rechts und links. Es wohnen z.Z. vier Seniorinnen und drei Senioren in der WG (Wohngemeinschaft). Von der Mitte des Ganges geht ein großer Gemeinschaftsraum kreuzförmig ab. Er ist auf der rechten Seite mit einem langen Holztisch und zehn Stühlen ausgestattet. Ferner gibt es eine komplette Kücheneinrichtung mit allem, was man so in einer Küche braucht. Die Tür zum geräumigen Balkon ist im Sommer stets geöffnet.
In diese WG hat Charly kürzlich einen Freund und eine Freundin zu Kaffee und Kuchen eingeladen.
Er gibt gerne zu, dass er die jüngere Freundin seit Jahren sehr verehrt und sich geehrt fühlt, dass sie sich sein neues Zuhause anschauen möchte.
Sie geht mit ihm den Gang entlang und lässt sich erklären, wer in welchem Zimmer wohnt. Bei der Nachbarin, Frau S., angekommen, fragt Charly, ob er klingeln solle.
"Nicht", haucht die Freundin Charly ins Ohr, sie hat wohl eine Vorahnung. Er klingelt trotzdem, bis Frau S. die Tür öffnet.
Charly: " Frau S., ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass ich heute zwei Gäste habe."
Frau S. und die Freundin begrüßen einander. Dann begeben sich alle Drei in den Gemeinschaftsraum, wo der Freund schon am Tisch sitzt. Frau S. und die Freundin setzen sich ebenfalls an den Tisch. Unterdessen holt Charly die Thermoskanne mit dem Kaffee aus seinem Zimmer.
"Frau S., möchten Sie auch eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen haben?"
"Danke, ich trinke keinen Kaffee!"
Auf der Kuchenplatte liegen sechs Törtchen vom besten Konditor der Stadt. Frau S. tippt auf das attraktivste Stück.
"Darf ich das haben für meinen Freund, der hat nämlich heute Geburtstag!"
Charly blickt in die Runde und sagt:
"Ja bitte, holen Sie sich einen Teller!"
Frau S.: "Wollen Sie es ihm nicht bringen?, er würde sich sicherlich freuen!"
"Nein, nein! Das war ja Ihre Idee!"
Sie geht mit dem Törtchen in ihr Zimmer und kommt mit einem beschriebenen Stück Papier zurück, setzt sich an den Tisch.
"Darf ich Ihnen etwas Satirisches vorlesen?"
Ohne die Antwort abzuwarten beginnt sie vorzulesen. Nach einer Weile wird Charly nervös:
"Frau S., meine Gäste haben nicht viel Zeit mitgebracht und wir haben noch etwas Wichtiges zu besprechen!"
Frau S. lässt sich nicht beirren. Als sie fertig ist, atmet Charly auf. Da kommt Frau S. mit einem neuen Stück Papier an den Tisch zurück und beginnt erneut vorzulesen. Charly platzt der Kragen!
"Ich gehe jetzt erst mal und hole das Mineralwasser aus dem Zimmer!"
Als er zurück kommt, bietet er auch Frau S. ein Glas Wasser an. Aber sie lehnt ab. Stattdessen liest sie ihr Pamphlet zu Ende. Die Gäste haben inzwischen zwei Tassen Kaffee getrunken und die Törtchen fast vollständig aufgegessen. Frau S. erhebt sich, aber bevor sie geht, gibt sie Charly einen Kuss auf den Hinterkopf.
Die Freundin sarkastisch: "Das tut ihm sicherlich ganz gut!"
Dann ist Charly endlich mit seinen Gästen allein.

Sonntag, 17. April 2016

Der Umzug

Nach 20 Jahren in ein und derselben Wohnung stand für Charly der Entschluß fest: "Ich ziehe in eine Senioren-WG (Wohngemeinschaft)!"
Es dauerte ein Jahr, bis er das geeignete Wohnobjekt gefunden hatte. Oder das Wohnobjekt hatte ihn gefunden. Aber es stand eine Verkleinerung ins Haus von einem Ein-Zimmer-Apartment in ein kleineres Apartment mit Gemeinschaftsräumen.
Es dauerte einige Zeit, bis fest stand, welches Mobiliar mitgenommen werden konnte und welches auf den Sperrmüll gehörte. Die mitgenommenen Möbel passten wie ausgemessen in die neue Wohnung. Nur der große Wohnzimmertisch musste einem kleineren weichen.
Der Umzug brachte eine Menge Arbeit mit sich. Es mussten Bücher, CDs und Schallplatten aussortiert werden und die Zahl der Leitz-Ordner verkleinert werden. Dann kam eine Umzugsfirma und lud den Rest und das Mobiliar in zwei LKW. Nach fünf Stunden Arbeit war alles überstanden. Jetzt mussten die Umzugskartons ausgeräumt und entsorgt werden. Es dauerte ein paar halbe Tage, bis alles überstanden war. Charly gefiehl das neue Zuhause genau so gut oder noch besser als das alte. Denn das Haus war ein Neubau, gerade mal sieben Jahre alt.
In der Senioren-WG wohnen noch einige andere Senioren und Seniorinnen. Ein nette Seniorin, nennen wir sie Frau S., lud Charly nach seinem Einzug zu Kaffee und Kuchen in ihr Zimmer ein. Sie hatte auch eine Nachbarin, nennen wir sie Frau N., dazu eingeladen. Es ergab sich folgendes Gespräch:
Frau N. zu Charly. "Ich spüre es genau, Sie sind ein ganz unruhiger Typ!"
Charly: "Ich war als Kind schon immer ganz hippelig!"
Frau N: "Haben Sie  denn ein Auto?"
Charly: "Das Auto steht bei meiner Ex-Frau in der Tiefgarage!"
Frau N: "Wollen Sie noch einmal heiraten?"
Charly: "Ich glaube, ich bin nicht mehr ehefähig!"
Frau S: "Wieso?"
Charly: "Es liegt wohl an der Potenz!"
Beide Damen erröten.
Frau N: "Aber dafür gibt es doch Viagra!"
Charly: "Also, ich weiß nicht so richtig ...!"
Und dann verließ Charly die nette Damengesellschaft ... und war plötzlich sehr nachdenklich geworden.

Montag, 1. Februar 2016

Mein Kosmos 270116

Am letzten Mittwoch bin ich auf Einladung meines Freundes Werner ins Deutsche Museum München gegangen. Er ist dort Mitglied und bekommt jedes mal zwei Eintrittskarten zugesprochen.
Also hat er Gesellschaft und ich komme umsonst rein.
Es war ein spannender Vortrag über Extrasolare Planeten/Aus Staub zu neuen Welten. Er wurde gehalten von der sehr talentierten Professorin der Ludwig-Maximilians-Universität Dr. Barbara Ercolano, italienisch stämmig mit sehr guten Deutschkenntnissen und Ausbildung in UK und USA.

Aus dem Flyer ist folgendes zu entnehmen: Die Forschungstätigkeit von Prof. Ercolano konzentriert sich insbesondere auf die Entstehung und Entwicklung von Sternen und Planeten sowie eventuelle Zusammenhänge zwischen diesen zwei Prozessen. Dafür werden detaillierte Simulationen verwendet, die die (Hydro-)Dynamik der am Strahlungstransport beteiligten Vorgänge berücksichtigen. Die Ergebnisse können direkt mit Beobachtungen von aktiven Sternentstehungsregionen und protoplanetaren Scheiben verglichen werden. Letztere sind Scheiben aus Staub und Gas, die jeden Stern umgeben und einen Materialvorrat zur Verfügung stellen, aus dem sich Planeten bilden. Wie sich diese planetaren Geburtsstätten - und ihre Abkömmlinge - entwickeln, ist eine vorrangige Fragestellung der heutigen Astrophysik.

Die Eintrittskarten waren nach zwei Stunden (war zu hören) ausverkauft und der Ehrensaal des Deutschen Museums demzufolge bis auf den letzten Platz gefüllt. Im Publikum kann man eine Vielzahl von Stammhörern wiedersehen. Es war ein interessanter Abend! Mein Dank geht an alle Beteiligten!